"Was Frauen noch lernen müssen, ist, dass niemand
ihnen Macht gibt. Sie müssen sie sich nehmen." Roseanne Barr
Es war ein langsamer Prozess, die Gewalt kam nicht zur Vordertür herein. Beim ersten Mal war es nur ein Schubsen - ein mich wegstoßen. Das zweite Mal dann allerdings so fest, dass ich zu Boden fiel. Ich verzieh ihm. Es sollte nicht das letzte Mal sein. Stets war Alkohol im Spiel. Ein Stoß, ein Griff, ein Schlag. Eine Kopfnuss. Eine rasante Amokfahrt mit dem Auto. Mitten in der Nacht rufe ich einen guten Freund an. Er holt mich ab - bringt mich heim. Schön, wenn man solche Freunde hat.
Noch bin ich nicht stark genug, um zu gehen. Ich verzeihe ihm. Noch einmal. Er weint vor meiner Tür. Er möchte seine eigenen Erfahrungen mit Gewalt im Kindesalter aufarbeiten. Ich helfe ihm. Ich, die Sozialarbeiterin. Ich, die Retterin. Doch dann rette ich lieber mich selbst, nachdem er mich zum letzten Mal angegriffen hat. Auf dieser Party im SkyLoft über der Donau. Ich sehe es sofort in seinem rasenden, wahnsinnigen Blick und will gehen - raus ins Stiegenhaus, doch er holt mich ein, packt mich am Kragen und hebt mich an die Wand. Schlägt mit seiner Stirn gegen meine, zerrt und würgt mich bis zum Brückenkopf, bis mir ein paar wilde Rockertypen in Lederjacken zu Hilfe kommen, er lässt ab von mir - und ich laufe und laufe... bis nach Haus. Ich machte die Türe zu und nicht mehr auf.
Meine Schwestern waren für mich da - ich hatte aus Scham mit niemandem darüber geredet... doch nun erzählte ich, auch in meiner Therapie. Wunden begannen zu heilen. Meine Türe blieb verschlossen.
Es dauerte, bis ich wieder vertrauen lernte, vielleicht dauert es sogar bis heute - aber Verstehen hilft. Verstehen, dass Aggression nicht gleich Stärke ist, dass Worte nicht gleich Taten sind, dass ich meinen Partner nicht retten kann und soll, dass ich es wert bin, wahrlich geliebt zu werden, dass ich kein Opfer bin, dass ich die Macht habe über mein Leben, meine Liebe und meinen Leib.
Nur Mut, Schwestern. Wir sind stark!
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